Der Erbfall, was kommt jetzt alles auf mich zu und was muss ich beachten? Eine häufige Frage
Gernot Frietzsche, Fachanwalt für Erbrecht
Der Tod des Menschen ist so natürlich wie das Leben. Wir alle werden ihn genauso wie das Versterben naher Angehöriger, von Ehepartnern oder Lebensgefährten erleben. Der Tod eines jeden Menschen löst für Andere Rechtsfolgen aus, die diese hinnehmen müssen und nicht steuern können.
Wir können uns nämlich nicht aussuchen, wen wir beerben und was wir erben wollen und können uns auch nicht aussuchen, ob der Nachlass werthaltig ist oder nicht. Auch müssen wir hinnehmen, dass der Erblasser Testamente ausgebracht hat, die nicht unseren Vorstellungen entsprechen oder es gar unterlassen hat, testamentarisch zu verfügen und es u.U. dem Zufall überlassen worden ist, wer Erbe ist. Wir können uns die Mitglieder einer Erbengemeinschaft nicht aussuchen und müssen mit dieser gewillkürten Gemeinschaft leben und sie auseinandersetzen. Auch haben wir keinen Einfluss darauf, dass lebzeitig erhebliches Vermögen auf Dritte mit dem Ziel übertragen worden ist, dieses dem Kreis der Erbberechtigten zu entziehen.
Es stellt sich dann häufig die Frage, wer Erbe ist, welche Rechte bestehen und welche Maßnahmen es zu ergreifen gilt. Damit sind Sie „mittendrin im Erbrecht“ und es kommen ganz schnell diffizile erbrechtliche Fragen auf Sie zu, die ein Laie in der Regel nicht mehr beantworten kann.
Es ist daher wichtig, sich in erbrechtlichen Fragen von einem versierten Erbrechtsanwalt beraten und vertreten zu lassen. Dies ist deswegen so wichtig, weil Erbrecht komplex und schwierig ist und zu den schwierigsten Rechtsmaterien im deutschen Recht gehört. Nur so ist gewährleistet, dass Sie Ihre Rechte kennen, Ihre Ansprüche erkennen und diese durchsetzen.
Eine kompetente erbrechtliche Beratung ist aber nicht nur nach dem Tod, sondern für Jeden wichtig, der durch geschickte testamentarische Verfügungen Regelungen für seinen Nachlass treffen will.
Gerade für den modernen Menschen, der immer älter wird, häufig mehrere Kinder aus verschiedenen Partnerschaften hat, ist es wichtig, ein überlegtes Testament aufzusetzen, damit es nicht dem Zufall überlassen bleibt, wer das Vermögen erbt. Sie können – im Gegensatz zu Ihren Erben – und sollten die Rechtsfolgen für die Zeit nach Ihrem Ableben steuern und schulden Ihren Nachkommen klare Verhältnisse, damit Konflikte, die häufig Familien zerstören, gar nicht erst entstehen.
Aber selbst wenn Sie meinen, weitsichtige testamentarische Regelungen getroffen zu haben, sollten Sie diese alle fünf Jahre einmal einer kritischen Prüfung unterziehen und sich fragen, ob die Regelungen „noch passen“ oder sich zwischenzeitlich erhebliche Änderungen in Ihrem Leben mit entsprechendem Anpassungsbedarf eingestellt haben.
Auch sollten Sie die Sinnhaftigkeit Ihrer Regelungen überdenken, was beispielsweise wichtig ist, wenn Sie einem Ihrer Kinder im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge erhebliches Vermögen zu kommen lassen und bestimmt haben, dass das begünstigte Kind den anderen Kindern zum Ausgleich verpflichtet ist. Hier sollten Sie sich fragen, ob das ausgleichspflichtige Kind wirtschaftlich hierzu überhaupt in der Lage ist. Wenn Ihre nicht berufstätige Tochter, die ihre Kinder aufzieht, lebzeitig ein Haus von Ihnen erhalten hat, wird diese die Ausgleichspflicht häufig gar nicht oder nur dann leisten können, wenn sie das Haus verkauft. Häufig gehen Erblasser in dieser Art von Fällen irrig davon aus, dass nach ihrem Ableben für die anderen Kinder „noch so viel“ vorhanden ist, dass Ausgleichszahlungen gar nicht entstehen. Diese Überlegung ist nicht selten falsch.
Es wird gerne übersehen, dass der Mensch immer älter wird und möglicherweise erhebliches Vermögen noch für die eigene Pflege aufwenden muss oder – wie dies im Falle einer Wiederheirat nach dem Tod des geliebten Ehepartners der Fall ist – der neue Ehepartner auch Pflichtteilsansprüche hat.
Bei der lebzeitigen Hingabe von erheblichen Vermögensgegenständen muss daher zwingend eine sorgfältige Überlegung hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Ausgleichsverpflichteten angestellt werden. Oder wollen Sie Ihren anderen Kindern zumuten, dass sie das zunächst begünstigte Kind zwingen, das lebzeitig erhaltene Haus zu verkaufen, um die von Ihnen angeordneten Ausgleichszahlungen leisten zu können?